Kunstblog

Der autonomen Bildbegriff

Emil Schumacher schrieb einen Brief an einen Freund und setzte drei Skizzen in das Schreiben: den Kopf einer Kuh, den Kopf eines bärtigen Mannes der eine Pfeife im Mund hatte sowie eine Rose wurde dargestellt.

Lieber Freund,
Du fragst mich nun wie jeder andere auch, was das sei. Ein Bild, sag’ ich. Wieso? Und Du meinst, daß ein Bild doch etwas ganz Bestimmtes sei, etwa wie nebenan […]. Aber nein, laßt uns doch barmherzig sein und die Kühe auf der Wiese lassen und den Pfeifenmann bei sich zu Hause. Was glaubst Du wohl, wie denen das im Rahmen an die Wand gehängt unangenehm ist. Es istja kaum auszudenken, wenn die Kuh, so natürlich gemalt, ‘mal müßte. Nichtjeder hat einen Stall zu Hause; und wenn dem Pfeifenmann der Tabak ausgeht? Die meisten Gäste sind doch keine Pfeifenraucher und könnten ihm keinen Tabak geben… Und wenn ich eine Rose malen sollte (etwa so), eine süße und betörend duftende, ja mein Lieber, meine röche nur nach Leinöl und Terpentin. Deshalb laß’ ich das hübsch bleiben und male Bilder, die ich mir aus der Landschaft meiner und Deiner Empfindungen hole.

Emil Schumacher erläutert hier in einer Art fiktivem Dialog seine Kunst und das auf eine sehr anschauliche, humorvolle sowie ironische wie ernste Weise.
Es geht dabei eigentlich um den autonomen Bildbegriff. Denn eine Kuh ist eine Kuh, und eine Rose eine Rose. Da eine gemalte Rose nun mal nicht süß duften kann, dagegen aber nach Leinöl und Terpentin riecht, versucht Schumacher es erst gar nicht. Er holt sich statt dessen seine Bilder »aus der Landschaft meiner und Deiner Empfindungen«. Schumacher begründet damit seine ungegenständliche Kunst.

Quelle: Zuschlag, C.: Undeutbar – und doch bedeutsam (2018)

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